Bolivien verfügt über einen breiten normativen Rahmen, der das Recht auf ein Leben ohne Gewalt gewährleistet und der in der Politischen Verfassung des Staates festgelegt ist. Darin wird anerkannt, dass internationale Verträge, Erklärungen und Konventionen Teil der Rechtsordnung sind, normativen Charakter haben und unmittelbar und bevorzugt angewandt werden, wenn sie die Gültigkeit des Rechts auf ein gewaltfreies Leben am besten gewährleisten. Darunter zählen wir das „Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) und das „Interamerikanische Übereinkommen zur Verhütung, Bestrafung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ (Belém do Para), nationale Regelungen wie das Gesetz Nr. 348 (1) und das Gesetz Nr. 1173 (2) sowie autonome Rechtsvorschriften, die bei ihrer Umsetzung vor großen Herausforderungen stehen.
Der Generalstaatsanwaltschaft zufolge wurden im Jahr 2020 38.089 Straftaten bearbeitet, die in Zusammenhang mit dem Gesetz Nr. 348 (1) stehen, von denen 31.059 Fälle von häuslicher oder innerfamiliärer Gewalt waren; 1631 Fälle von sexuellem Missbrauch Minderjähriger; 27340 Fälle von Vergewaltigung von Kleinkindern, Kindern oder Jugendlichen und 2496 Fälle von Vergewaltigung.
Bis zum 28. Juni des Jahres 2021 wurden 21.763 Straftaten bearbeitet, die in Zusammenhang mit dem Gesetz Nr. 348 stehen, von denen 17.770 Fälle von häuslicher oder innerfamiliärer Gewalt waren; 720 Fälle von sexuellem Missbrauch Minderjähriger; 894 Fälle von Vergewaltigung von Kleinkindern, Kindern oder Jugendlichen und 1020 Fälle von Vergewaltigung.
Es ist wichtig hervorzuheben, dass nach Angaben des Ministeriums für Justiz und institutionelle Transparenz die Analyse nach Verfahrensphase zeigt, dass im Jahr 2019 nur 45 % aller Fälle bearbeitet wurden und in die Vorbereitungs- oder Ermittlungsphase vor den Ermittlungsrichter gelangten. Bei 55 % wurde die Bearbeitung nicht begonnen, sodass sie für die nächste Bearbeitung aufgeschoben wurden. Von den bearbeiteten Fällen befinden sich 91,9 % in der Ermittlungsphase, 7 % gelangen zu einer Gerichtverhandlung und nur 1,1 % der Fälle werden abgeschlossen.
In diesem Zusammenhang unterstützen wir Frauen in Prozessen der Ausarbeitung, der Nachverfolgung und Beobachtung autonomer öffentlicher Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, stärken die Betreuungssysteme und den Zugang zur Justiz und bieten spezielle Schulungen für öffentlich Bedienstete an. Über das Centro Yachaywasi bieten wir Frauen besondere Betreuung an, die Opfer von Gewalt geworden sind. Hier betreuen wir auch emblematische Fälle über strategischen Rechtsstreit, mit juristischer Unterstützung – durch eine juristische Patenschaft oder über Amicus Curiae und Veeduria Ciudadana – sowie, je nach Fall, mit psychologischer und sozialer Versorgung.
REFERENZEN:
Gesetz Nr. 348: “Ley integral para garantizar a las mujeres una vida libre de violencia” („Umfassendes Gesetz, das Frauen ein gewaltfreies Leben garantiert“).
Gesetz Nr. 1173: “Ley de abreviación procesal penal y de fortalecimiento de la lucha integral contra la violencia a niñas, adolecentes y mujeres” („Gesetz zur Verkürzung des Strafverfahrens und zur Stärkung der umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen.“).