Bolivien ist eines der Länder mit der größten indigenen Bevölkerung, die ein buntes Mosaik verschiedener kultureller Gruppen und kollektiver Identitäten bildet. Viele von ihnen gehören ethnischen Gruppen an, deren Wurzeln mehrere Jahrhunderte in die Geschichte des Landes zurückreichen, in welcher sie historische Kämpfe für ihre Rechte ausgefochten und die Anerkennung ihrer Völker und Nationen, ihrer Gebiete und ihres ursprünglichen Territoriums sowie kollektive Rechte gefordert haben.
Die letzte Volkszählung, die im Jahr 2012 stattfand, hat mehr als 39 Völker registriert, von welchen fünf aus der andinen Region – Hochland und Täler – und über 30 aus dem Tiefland stammen. 47 indigene Völker und Nationen gehören ihren Dachorganisationen an: CONAMAQ im Hochland und CIDOB im Tiefland, wobei jedoch nicht alle ihre Gemeinschaftsrechte auf dieselbe Weise praktizieren, auch aufgrund des Risikos der Verwechslung zwischen Sprache und Identität, da viele von ihnen das Quechua gemeinsam haben, was eine weit verbreitete Sprache sowohl im Imperium der Inka sowie in der Kolonialzeit war.
Es ist wichtig, zu betonen, dass die indigenen Völker Boliviens erreicht haben, das Bewusstsein im gesamten Land bezüglich der sozialen, ökonomischen, kulturellen und linguistischen Benachteiligung und Ausgrenzung, denen sie ausgesetzt sind, zu schärfen. In den vergangen Jahrzehnten haben sie insbesondere durch die „Märsche für Territorium und Würde“ („Marchas por el territorio y la dignidad“) die Anerkennung eines breiten juristischen Rahmens erreicht, der die Rechte der indigenen Völker sicherstellt. Die von ihnen erreichten Rechte sind nicht nur in der Politischen Verfassung des Staates eindeutig festgelegt, sondern auch im „ILO 169“ („Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern“ der Internationalen Arbeitsorganisation IAO) und in der Deklaration der Rechte indigener Völker der Vereinten Nationen, die in Bolivien in Kraft gesetzt wurden. Es wurde bereits begonnen, diese Rechte in verschiedenen Regelungen anzuwenden, jedoch werden sie noch nicht vollständig umgesetzt. Deshalb gibt es noch immer Herausforderungen in den folgenden Bereichen: In der Stärkung indigener Autonomien, im Bildungswesen, in der interkulturellen Gesundheit, in der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen der indigenen Justiz und der gesamtgesellschaftlichen Justiz, in der produktiven Entwicklung von Gemeinschaften und Familien mit dem Blick auf Ernährungssouveränität, welche die Rechte der Mutter Erde mit einschließt, und weitere.
Angesichts dieser Situation widmet sich Realidades dem Kampf für die Rechte der indigenen Völker und begleiten ihre Prozesse der Wiederherstellung und Stärkung ihrer Autonomie, der Differenzierenden Bildung und der Entwicklung auf Basis ihrer eigenen Weltanschauung, die in direktem Zusammenhang zu den Rechten der Mutter Erde (Pachamama) stehen. Diese Prozesse begleiten wir durch Aktionsforschung mit Schwerpunkt auf den Rechten und der Sensibilisierung für kulturelle Vielfalt sowie durch öffentliche Interessenvertretung zur Förderung ihrer Beteiligung an Beratung, in Entscheidungsräumen und -prozessen.